Auf unserer sechstägigen Reise im Oktober 2014 durch Slawonien, Mittel- und Süddalmatien lernten wir ausgezeichnete Weine und deren Winzer kennen. Josip Blazevic, Kroate und Inhaber eines Weinhandelunternehmens in Schaffhausen, hatte ein vielseitiges Programm mit vielen Höhepunkten organisiert, durch das er unsere Gruppe von 23 Weinfreunden mit grossem Engagement führte. Eindrücklich war auch die Schönheit der dalmatischen Küste mit den Städten Split und Dubrovnik.
1. Tag: Kutjevo, Westslawonien: Hochburg der Grasevina-Traube
Am späteren Nachmittag landeten wir nach einem kurzen Flug in Zagreb, wo uns bereits unser Chauffeur Mario mit dem Reisebus erwartete und uns zum Hotel in Pozega führte. Gleich am ersten Abend fand eine Degustation bei Krauthaker, einem bedeutenden und mehrfach ausgezeichneten Weinbaubetrieb in Kutjevo, statt. Der Weinbau hat hier eine lange Tradition, schon im 13. Jahrhundert hatten Zisterziensermönche Reben gepflanzt und Weine hergestellt. In dieser Region dominieren aufgrund der klimatischen Bedingungen die weissen Rebsorten, namentlich die Grasevina-Traube, welche andernorts als Welschriesling bezeichnet wird. Bei Krauthaker macht diese Sorte rund drei Viertel aller verarbeiteten Trauben aus. Der Klimawandel macht sich aber auch in Slawonien bemerkbar – da es in letzter Zeit wärmer geworden ist, können in diesem Landesteil auch zunehmend Rotweine produziert werden.
Ankunft in Zagreb
An der grossen Degustation stiessen bei den Weinfreunden vor allem auch die verschiedenen Grasevina-Weine und der Grauburgunder auf breite Zustimmung. Krauthaker exportiert einen nicht unwesentlichen Teil seiner Produktion ins Ausland. Abweichend von allgemeinen Regeln können die slawonischen Weissweine ohne Weiteres etwas gelagert werden, einige erreichen ihre Trinkreife sogar erst nach rund zwei bis vier Jahren. Ausgeschenkt wurde auch ein sogenannter Orange Wein. Es handelt sich um einen Weisswein, der wie ein Rotwein hergestellt, das heisst mit den Beerenschalen vergoren, wird. Dies gibt dem Wein die namengebende Farbe und verleiht ihm besondere Geschmacksstoffe. Der aus der Grasevina-Traube hergestellte maischevergorene Wein war gewöhnungsbedürftig, aber auch exklusiv. Die Orange Weine entsprechen einem neueren Trend und werden heute vor allem von Liebhabern genossen. Nach dieser vielseitigen Degustation und einem slawonischen Abendessen kehrten wir ins Hotel zurück.
Bekannte weisse Rebsorte Grasevina
2. Tag: Schaumwein aus Amphoren!
Nach einer längeren Busfahrt erreichten wir im Südwesten von Zagreb das gepflegte Weingut Tomac in der Region Plesivica. Dieser Winzer und seine Familie produzieren auf einer Fläche von rund 8 Hektaren naturnahe Weine mit einem minimalen Einsatz an chemischen Substanzen. Seit rund zwanzig Jahren stellt Tomac nach der traditionellen Methode Schaumweine her, welche bisher vor allem in Kroatien verkauft werden. An der Degustation auf der gemütlichen Terrasse genossen wir unter anderem den Schaumwein Diplomat (50% Chardonnay, 50% lokale Sorten), welcher von Weinjournalisten ausgezeichnet worden war. Tomac ist ein engagierter und innovativer Winzer und findet auch im Ausland Anerkennung. Sein Pinot Noir 2012 schmeckte nicht nur vielen Weinfreunden unserer Reisegruppe vorzüglich, er wurde auch in der österreichischen Gastronomie empfohlen.
Schaumweine von Tomac
Tomac ist einer der zwei Winzer in Kroatien, die Weine in Amphoren ausbauen. Die draussen im Boden eingelassenen Gefässe aus Terrakotta fassen 1‘500 bis 2‘000 Liter. Ursprünglich stammt die Verwendung von Amphoren zur Weinherstellung aus Georgien, in Westeuropa haben sich bisher nur wenige Betriebe damit befasst. Die Vergärung dauert 3 – 4 Wochen, nachher wird die Amphore mit dem auf der Maische belassenen Wein für rund 6 Monate verschlossen, anschliessend kommt der Wein für längere Zeit ins Fass. Tomac liess uns seinen – und den wohl weltweit einzigen – Amphoren-Schaumwein verkosten. Ein ungewohntes aber auch sehr interessantes und einzigartiges Erlebnis!
Das besondere Erlebnis: Amphoren Schaumwein aus Amphoren!
Nach einem feinen Mittagessen inmitten idyllischer Rebberge reisten wir mit dem Bus weiter zu dem ins UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommenen Nationalpark mit den Plitvicer Seen. Auf einem kurzen Rundgang sahen wir einen Teil dieser eindrücklichen Landschaft mit ihren Seen und Wasserfällen. Hier war seinerzeit auch einer der Drehorte der Winnetou-Filme. Unsere Reise ging Richtung Süden weiter und am Abend trafen wir in Biograd an der dalmatischen Küste ein.
Eindrückliche Rebenlandschaft ... ... und die Wasserfälle bei den Plitvicer Seen
3. Tag: Babic – ein grossartiger Rotwein aus einem kargen Rebberg
Nach der Ankunft in Primosten, Mitteldalmatien, besichtigten wir zuerst den Rebberg namens Bucavac des Weinguts Leo Gracin. Auf dem felsigen und sehr kargen Gelände ergeben die rund 65-jährigen Rebstöcke nur äusserst geringe Erträge. Mit ein Grund dafür sind auch die klimatischen Bedingungen. Josip machte uns auf die heute typische Wetterlage aufmerksam: rundherum Wolken, aber über dem Bucavac ist der Himmel blau. Es fällt deshalb – und zwar das ganze Jahr über – kaum Regen. In diesem Mikroklima gedeiht unter schwierigen Bedingungen die autochthone und seltene Rebsorte Babic, die sehr gehaltvolle Weine ergibt. Nach dieser eindrücklichen Besichtigung wurde zur grossartigen Degustation unter der Pergola des Weinbaubetriebs von Leo Gracin geladen. Sehr interessant war insbesondere die teils in alten und teils in neuen Barrique ausgebauten Babic-Weine der Jahrgänge 2010, 2009 und 2007 miteinander zu vergleichen. Auch wenn die Meinungen zum Favoriten dieses Vergleichs etwas auseinandergingen, waren sich die Weinfreunde einig darüber, dass die Verkostung dieser körperreichen und charaktervollen Tropfen ein ausserordentlicher Genuss war. Als weitere Besonderheit wurde der Kontra (2010) ausgeschenkt, eine Assemblage aus je 50% Babic und Dingac, wobei letzterer von Kiridzija stammt und als einer der besten Dingac gilt. Der Kontra vereinigt diese beiden Spitzenweine auf gelungene Weise. Viele kroatische Rotweine weisen einen Alkoholgehalt von bis 15% auf. In den Weinen von Leo Gracin war der Alkohol gut eingebunden und dominierte deshalb nicht.
Karger Rebberg Bucavac
Nach einem ausgezeichneten Mittagessen im Restauranz Kamenar in Primosten fuhren wir weiter nach Split und setzten mit der Fähre auf die Insel Brac über.
Am Abend besuchten wir auf der Insel den modernen Weinbaubetrieb von Jako Vino. In den stimmungsvoll eingerichteten Räumlichkeiten lernten wir weitere autochthone Sorten kennen, den weissen Posip und den roten Plavac Mali. Jako Vino plant einen bedeutenden Ausbau der Produktion und will in Zukunft noch mehr auf Qualität setzen. Sehr überzeugend waren der Stina Plavac Majstor (2011) und der nur in guten Jahren produzierte Stina Plavac Mali Remek Djeko (2009). Ein weiterer erlebnisreicher Tag mit zahlreichen önologischen Glanzlichtern ging zu Ende!
4. Tag: Split – eine Stadt mit mediterranem Charme
Am Morgen fuhren wir mit der Autofähre zurück nach Split. Die grosszügige Strandpromenade und die Fussgängerzone der zweitgrössten Stadt Kroatiens luden an diesem sonnigen und warmen Oktobertag zum Flanieren ein. Im Restaurant Chop-Grill degustierten wir verschiedene Weine des Produzenten Kairos begleitet von einem feinen Mittagessen. An der anschliessenden Stadtführung erfuhren wir mehr über die historische Altstadt und lernten deren Geschichte näher kennen. Besonders imposant erschien der teilweise noch erhaltene, vom römischen Kaiser Diokletian erbaute, Palast. Es blieb uns noch Zeit, bei einem Spaziergang entlang der Promenade oder bei einer Rast in einem Strassencafé den Blick aufs Meer und die mediterrane Atmosphäre zu geniessen.
Strandpromenade von Split
Unsere Reise ging weiter der Küste entlang nach Omis, wo wir im auf einem Felsen gelegenen Hotel Villa Dvor unsere Zimmer bezogen. Zum Abendessen wurde ein aussergewöhnlicher Wein kredenzt: der sogenannte Grk, ein frischer und eleganter Weisswein. Die gleichnamige Rebsorte gedeiht ausschliesslich auf einer kleinen Fläche im sandigen Boden der Insel Korcula. Grk und der servierte Fisch erwiesen sich als erstklassige Kombination.
Das Hotel Villa Dvor in Omis bietet eine phänomenale Aussicht!
5. Tag: Bekannte Winzer und ihre Plavac Mali-Weine
Nach einer Busfahrt entlang der Küste Richtung Dubrovnik gelangten wir nach Ploce, von wo aus uns die Fähre nach Trpanj auf der Halbinsel Peljesac brachte. Nach der Weiterfahrt mit dem Bus erreichten wir den luxuriösen Neubau des Weingutes Saint’s Hills. Aus dem Traubengut des Rebbergs in Istrien wird Weisswein und aus der Ernte aus zwei Lagen in Dalmatien Rotwein hergestellt. Produziert wird ausschliesslich auf biologische Weise, auf den Einsatz von Pestiziden wird verzichtet und die gesamte Lese erfolgt von Hand. Beim Rundgang im Keller fielen uns sofort die Betontanks auf. Bei der Fermentation verleiht der poröse Beton dem Wein im Gegensatz zum Stahltank mineralische Aromen. Die Degustation mit Mittagessen in den gediegenen Räumlichkeiten des Weinguts war ein weiterer Höhepunkt auf dieser Reise. So stiessen die aus den Sorten Malvazija und Chardonnay gekelterten frischen und runden Weissweine istrischer Herkunft auf breite Zustimmung. Sehr grosse Begeisterung lösten die gehaltvollen und ausbalancierten Rotweine Sv. Roko (2012) und Dingac Sv. Lucia (2010) aus, beide zu 100% aus Plavac Mali-Trauben gekeltert. Dingac ist die geschützte Bezeichnung für das beste Anbaugebiet. Die gewonnenen Erträge dieser Rebberge sind sehr bescheiden – das Traubengut von elf Reben ergibt ungefähr eine Flasche Wein. Die Dingac-Weine sind in der Regel sehr gehaltvoll, haben generell eher viel Tannin und wenig Säure.
Betontanks im Keller des Weingutes Saint's Hills
Nach dem Genuss dieser einzigartigen Weine und eines ausgezeichneten Mittagessens wurden wir ins Dingac-Gebiet gefahren und hatten Gelegenheit, uns selber ein Bild dieses besonderen Rebbaugebiets zu machen. An den steilen zur Südküste abfallenden Hängen mit rund 1‘000 Sonnenstunden pro Jahr erhalten die Trauben auch durch die Reflexion des Sonnenlichts durch das Meer sehr viel Wärme. In diesem Gelände ist die Lese sehr beschwerlich und die anschliessende Selektion der Beeren geschieht ebenfalls von Hand. Wir hatten nun eine Vorstellung davon, welche Arbeit mit der Gewinnung des Traubengutes für die Herstellung der ausgezeichneten Dingac-Weine verbunden ist.
Unser Reiseleiter Josip Blazevic mit den Gastgebern
Anbaugebiet Dingac
Nach dieser eindrücklichen Besichtigung trafen wir nach kurzer Fahrt im Bistro Mokalo ein. Dort hatten wir Gelegenheit, Weine von Antunovic, Kiridzja, Mrgudic und Milos – alles bekannte Winzer aus dieser Region – zu degustieren. Einzelne Produzenten waren sogar persönlich anwesend und stellten uns ihre Weine selber vor. Es war interessant, die Plavac Mali-Weine verschiedener Rebbauern und aus unterschiedlichen Lagen miteinander zu vergleichen. Verkostet wurde auch der berühmte und charaktervolle Dingac von Kiridzija.
Das reichhaltige Degustationsprogramm dieses Tages hat uns einen sehr guten Überblick über die Winzer und viele qualitativ hochstehende Weine dieser Region gegeben.
Im Restaurant Antunovic in Kuna wurden wir zum Abendessen erwartet. Das Lokal war in rustikalem Holz gehalten, erinnerte ein wenig an eine Jagdhütte und verströmte eine besondere Atmosphäre. Rasch kam eine heitere und fröhliche Stimmung auf. An langen Holztischen genossen wir gegrilltes Ziegenfleisch. Bei bester Laune und angeregten Gesprächen liessen wir diesen Abend ausklingen.
Im gemütlichen Keller bei Antunovic Unser Reiseleiter mit Winzern im Bistro Mokalo
6. Tag: Dubrovnik und eine krönende Abschlussdegustation
Auf unserer Fahrt Richtung Dubrovnik legten wir im Norden der Halbinsel Peljesac einen Halt ein bei Frano Milos, einem registrierten Ökowinzer. Seine Plavac Mali-Weine exportiert er in die Vereinigten Staaten, nach Kanada und auch in die Schweiz. Mit dem Stagnum hat Milos bewiesen, dass auch ausserhalb der berühmten Lagen Dingac und Postup sehr gelungene Plavac Mali produziert werden können.
Am Mittag trafen wir bei Sonnenschein und einer Temperatur von 27°C in Dubrovnik ein. Auf einer geführten Besichtigung erkundeten wir die als Weltkulturerbe eingestufte Altstadt und liessen uns geschichtliche Zusammenhänge erklären. Wir waren begeistert von den monumentalen Bauten und vom Charme dieser Stadt.
Teil der Altstadt und der Stadmauer von Dubrovnik
Gegen Abend fuhren wir zu unserer letzten Degustation auf dieser Reise zum Weingut Dubrovacki Podrumi, einem führenden Produzenten in Süddalmatien, unweit der Grenze zu Montenegro. Auch hier wurden uns wieder hochwertige und hervorragende Weine ausgeschenkt. Unter anderem der Plavac Mali Plausus 2009, welcher vom Weinmagazin Decanter im Jahr 2013 ausgezeichnet worden war. Interessant war vor allem der Vergleich mit den uns bisher bekannten Plavac Mali-Weinen: der Plausus war ganz anders, hatte viel weniger Tannine und bereitete ein unkompliziertes Trinkerlebnis. Für einige Weinfreunde war dies sogar der beste Plavac Mali. Besonders gut angekommen war auch der Merlotina, ein reinsortiger, im Barrique ausgebauter Merlot mit grosser Dichte und viel Frucht, welcher zum ebenso vorzüglichen Essen bestens passte.
Am nächsten Morgen brachen wir früh zum Flughafen Dubrovnik für unseren Rückflug nach Zürich auf.
Begeistert blicken die Teilnehmenden auf diese Reise zurück. Neben einem sehr guten Überblick über die Weinwelt Kroatiens wurde uns Gelegenheit geboten, eine breite Palette von Weinen aus dem ganzen Land zu geniessen und einige der bedeutendsten und wohl besten Winzer Kroatiens zu besuchen. Für die sorgfältige Vorbereitung und die sehr gute Organisation, vor allem aber auch für sein Engagement während der ganzen Reise geht ein grosses Dankeschön an Josip Blazevic. Josip, du hast verstanden, was die Weinfreunde Thunersee von einer solchen Reise erwarten, und hast es ausgezeichnet umgesetzt!
Unsere Reisegruppe
Josip Blazevic, Chauffeur Mario und Konrad Burkhalter